Titelbild zum Artikel Brandrede von Alexandre Fasel v/o Heuer

Alexandre Fasel v/o Heuer (AKV Alemannia, GV Zähringia, CP 86/87), Staatssekretär EDA (Foto: Stefan Lüthi, Luethis-Pics-Art)

20.09.2024

Brandrede von Alexandre Fasel v/o Heuer

Zentralfest Murten-Morat 2024: Brandrede von Staatssekretär Alexandre Fasel zum Wert, der in der Spannung von Wandel und Kontinuität liegt – im StV und in der Schweiz.

Hoher CP, hohes CC,
Hoher OKP, hohes Organisationskomitee und liebe Helferinnen und Helfer,
sehr geehrte Frau Stadtpräsidentin,
liebe StVerinnen und StVer,
liebe Gäste,
chers amies,
et ce soir tout particulièrement: chères candidates, cher candidats!

 

Ich bin immer der Meinung gewesen, dass die Kraft und die Beständigkeit des Schweizerischen Studentenvereins gerade in seiner mangelnden Kontinuität liegt.

Jede Generation – und das ist bei den Studenten etwa alle fünf bis zehn Jahre – jede StVer-Generation erfindet das Rad neu; zieht aus, die Welt neu zu denken, den Verein frisch zu leben, die Organisation und Prozesse zeitgemäss zu gestalten, alte Fehler neu und besser zu begehen.

Jede StVer-Generation also ereignet sich neu und selbstbestimmt. Und das unter dem bald amüsierten, bald besorgten, aber immer wohlwollenden Auge der Altherrenschaft. Weil dieser stete Wandel, diese stete Erneuerung in einem gemeinsamen, im Diskurs zwischen den Generationen gefestigten Referenzensystem vonstattengeht, in einem Rahmen, der gleichsam die Grundlage unserer Freiheit bildet.

Chargierte Delegationen lauschen den Ausführen von Alexandre Fasel v/o Heuer. (Foto: Stefan Lüthi, Luethis-Pics-Art)

Car il n’y a pas de liberté, il n’y a pas d’autodétermination souveraine, il n’y a pas épanouissement personnel sans cadre. Sans cadre, la liberté n’est que stéréotype et arbitraire. Le cadre est l’alphabet de la société – tant de la société dans son ensemble que de la Société des étudiants suisses. Il n’y a pas beaucoup de lettre dans l’alphabet, mais avec ça on écrit le monde.

Notre cadre réside dans nos valeurs, nos formes, notre vie sociétaire, à vrai dire dans notre culture. Et celles et ceux qui respectent le cadre, qui évoluent dans les règles du jeu qui nous protègent, trouveront toujours quelqu’un pour les soutenir, se sentiront toujours portées.

Unsere Werte, die – sei es im Stammgespräch oder in Bildungsanlässen – wir uns immer wieder neu erstreiten;

unsere Formen – die Farben, der Komment, der Gesang, die uns alle in unserer Diversität und Individualität zusammenbringen und zusammenhalten;
unser Vereinsleben, das alle Facetten von amicitia, scientia und virtus bedient und im Zentralfest gipfelt, dem eigentlichen Hochfest im Liturgiejahr unserer Gemeinschaft;
sie alle bilden diesen Rahmen, der uns befähigt, die Spannung von Kontinuität und Wandel nicht nur auszuhalten, sondern auch zum Guten zu nutzen.

Alexandre Fasel v/o Heuer lobt die Werte des Schw. StV und betont ihre Aktualität. (Foto: Stefan Lüthi, Luethis-Pics-Art)

Und gerade darin sind wir ein hochaktueller Verein, denn unser Land sieht sich der gleichen Herausforderung gegenübergestellt: Nämlich die Konstanz seiner verfassungsmässigen Bestimmung sicherzustellen vor dem Hintergrund eines besorgniserregenden geopolitischen Wandels. Wie kann die Schweiz die Freiheit und die Rechte des Volkes am besten schützen, die Unabhängigkeit und die Sicherheit des Landes am besten wahren, die gemeinsame Wohlfahrt, die nachhaltige Entwicklung, den inneren Zusammenhalt und die kulturelle Vielfalt des Landes am besten fördern, wenn die internationale politische und wirtschaftliche Ordnung sich zu zersetzen droht?

Fangen wir bei Europa an, denn – wie der Welsche sagt – on a la politique de sa géographie. Das konstante Anliegen des Bundesrates ist es seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs immer gewesen zu vermeiden, dass die Schweiz als Exportnation von ihrem eigentlichen Heimmarkt, dem europäischen Markt, abgekoppelt wird. Dabei bedienen wir uns eines massgeschneiderten Ansatzes, der bilateralen Verträge, durch die wir in den Bereichen unserer Wahl am europäischen Binnenmarkt und den europäischen Kooperationsprogrammen teilhaben können. Mit dem Paket, das wir gegenwärtig verhandeln, will der Bundesrat diesen unseren eigenen bilateralen Weg stabilisieren und weiterentwickeln. Nach Verhandlungsabschluss wird die Frage der innerstaatlichen Umsetzungs- und Begleitmassnahmen der Verträge die politische Energie des Landes, des Bundesrates, des Parlaments und des Volkes binden und das Schicksal des Pakets bestimmen. Wir wissen: Die Schweiz kann immer nur das tun, worauf sie sich einigen kann! Wir müssen jetzt zusammenkommen und den guten Weg finden. Im Bewusstsein gleichen Strebens und Wollens im Dienste unseres Landes und Staates und im Geiste gegenseitigen Wohlwollens.

Ich beziehe mich auf diese kommende Debatte, wenn ich von der Aktualität und dem positiven Beitrag unseres Vereins rede. Dabei ist uns allen klar: Die Bedeutung des StV gründet nicht in einer etwaigen Durchschlagskraft als politischer Verein, sondern vielmehr in der Bildung, in der Integrität, in der das Gemeinwesen tragenden, intergenerationell gefestigten Gesinnung seiner Mitglieder als Bürgerinnen und Bürger. Das ist immer so gewesen und bleibt auch heute so, selbst oder gerade wenn nicht alle StVer und StVerinnen sich einer gleichen politischen Partei zugehörig fühlen und längst nicht mehr so viele Mandatsträger dieser Partei Vereinsmitglieder sind.

So kommt alles zusammen:

Die Kontinuität und Konstanz unserer Sorge um das frohe Gedeihen des Vereins und des Staates;
der Wandel und die Erneuerung des Kontextes, also der gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, kulturellen, religiösen, politischen und geopolitischen Realität;
der Rahmen, der uns zusammenhält und die Auseinandersetzung um das bestmögliche Fortkommen des Gemeinwesens und all seiner Mitglieder berechenbar und verlässlich macht.

Das ist es, was unser Land braucht. Das ist es, was der StV kann; das ist es, was der StV tut; das ist es, was der StV letztlich ist. 

Am Tag der Murtenschlacht hat Adrian von Bubenberg – vielleicht von dieser Stelle aus – seinen Leuten zugerufen, als sich die Wolkendecke nach langen Regentagen aufriss und die Sonne auf das Stedtli fiel: «Gott leuchtet uns zum Siege!»

Er tut es auch heute! Uns, dem StV! Uns, der Schweiz!

Vivat, crescat, floreat.

Alexandre Fasel v/o Heuer (gehalten in Murten-Morat am 7.9.2024)

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