Titelbild zum Artikel Bildungspolitische Kurznachrichten – Oktober/November 2025

Symbolbild. (Photo : © Unsplash+ | Matthew Kirk)

03.11.2025

Bildungspolitische Kurznachrichten – Oktober/November 2025

EDK 

Die Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK) hat an ihrer Jahresversammlung in Luzern eine Erklärung zur gesamtschweizerischen Koordination des Sprachenunterrichts verabschiedet. Damit bekräftigt sie ihren Willen, den Harmonisierungsauftrag gemäss Art. 62 Abs. 4 BV umzusetzen. Aus Sicht der EDK besteht Anpassungsbedarf bei Bildungszielen und Lehrplänen, insbesondere beim Verhältnis zwischen Französisch und Englisch. Die EDK hält dabei ausdrücklich fest, dass Französisch als Landessprache auch künftig auf der Primarstufe einen festen Platz behalten soll. Zudem soll der Handlungsspielraum von Artikel 4 des HarmoS-Konkordats ausgelotet werden, um Qualität und Vergleichbarkeit des Sprachenlernens schweizweit zu sichern. (vgl. Medienmitteilung 31.10.2025)

 

Eidgenössisch Technische Hochschulen

Die ETH Zürich bleibt laut dem neuen Times Higher Education Ranking die beste Hochschule Kontinentaleuropas und belegt weltweit Platz 11. Damit ist sie die höchstklassierte Universität ausserhalb des englischsprachigen Raums. Besonders stark schneidet sie in Forschung und Lehre ab. Die EPFL erreicht Rang 35, während die Universitäten Bern (105), Basel (120), Lausanne (125) und Genf (166) im oberen Mittelfeld liegen. Die Universität Zürich nimmt seit März 2024 aus Kritik am Times Higher Education Ranking (falsche Anreize; vielfältige Leistungen in Forschung und Lehre würden nicht umfassend abgebildet) nicht mehr teil. (Tages-Anzeiger, 10.10.2025)

 

Universitäten und (Fach-)Hochschulen 

Der Nationalrat will den Fachkräftemangel in MINT-Berufen mit praxisintegrierten Bachelorstudiengängen (PiBS) bekämpfen. Diese vierjährigen Studiengänge verbinden ein Teilzeitstudium an Fachhochschulen mit mindestens 40 % Praxiserfahrung in Unternehmen. Ein Pilotprojekt läuft seit 2022 an der Hochschule Luzern, wo die Zahl der Studierenden und Partnerfirmen wächst. Ziel ist, mehr Gymnasiastinnen und Gymnasiasten für technische Berufe zu gewinnen, die Durchlässigkeit im Bildungssystem zu erhöhen sowie Theorie und Praxis stärker zu verknüpfen. Der Ständerat entscheidet noch. (Luzerner Zeitung, 6.10.2025)

 

Mittelschulen / Volksschulen 

Das Erziehungsdepartement Basel-Stadt hat erstmals flächendeckend digitale Maturitätsprüfungen durchgeführt – ein Pionierprojekt in der Schweiz. Rund 700 Schülerinnen und Schüler legten ihre Prüfungen auf eigenen Geräten ab. Laut Evaluation der Pädagogische Hochschule der Nordwestschweiz (PH FHNW) verlief das Experiment erfolgreich und stösst auch in anderen Kantonen auf Interesse. Die Akzeptanz ist hoch, doch es bestehen Unterschiede in der digitalen Kompetenz der Lehrpersonen und offene Fragen zur Chancengerechtigkeit. Nächstes Jahr folgen erneut digitale Prüfungen, erstmals auch in Mathematik. Die offenen Fragen und Risiken werden jetzt erstmal noch ausgewertet. (Basler Zeitung, 28.10.2025)

 

Arbeitsmarkt / Lehrbetriebe

Im Kanton Freiburg läuft erneut das Projekt «Zeitung in der Berufsfachschule» (ZiB), bei dem Lernende eigene Artikel verfassen und Medienkompetenz erwerben. Christophe Nydegger vom Amt für Berufsbildung betont den doppelten Nutzen: ZiB fördere kritisches Denken und stärke zugleich das Image der Berufsbildung. Diese müsse sichtbarer werden, da viele Jugendliche mit 14 oder 15 Jahren überfordert seien, sich für einen Beruf zu entscheiden. Ziel sei es, zu zeigen, dass Berufswege heute vielfältig und durchlässig sind – und dass Berufslernende ebenso engagiert und vielseitig kompetent sind wie Gymnasiasten. (Freiburger Nachrichten, 6.10.2025)

 

Verbände, Organisationen, Institutionen 

Eine Recherche von Reflekt, ein Team von investigativen Journalisten, legte ein strukturelles Missbrauchsproblem an Schweizer Universitäten offen. In den sogenannten «Uni-Protokollen» berichten 180 Betroffene von Mobbing, Diskriminierung, sexueller Belästigung und Machtmissbrauch – 142 Fälle gelten als bestätigt. Besonders häufig geht es um Behinderungen der wissenschaftlichen Karriere, psychischen Druck und Übergriffe durch Vorgesetzte. Viele Betroffene wagen keine Meldung aus Angst vor Konsequenzen, da Anlaufstellen kaum durchgreifen können. Die Studie sorgt schweizweit für Kritik und fordert ein stärkeres Vorgehen gegen Machtmissbrauch in der Wissenschaft. (NZZ, 24.10.2025)


Lancierte bildungspolitische Debatten / Entscheide

Der Bundesrat lehnt ein Kopftuchverbot für Schülerinnen an öffentlichen Schulen ab und verweist auf die Religionsfreiheit. Das Thema sorgt erneut für Diskussion: Mitte-Ständerätin Marianne Binder fordert ein Verbot für Mädchen unter 16 Jahren, um Gleichberechtigung zu schützen. Politologin Elham Manea warnt hingegen, ein Verbot könne betroffene Mädchen zusätzlich unter Druck setzen, und plädiert für ein allgemeines Verbot religiöser Symbole für Minderjährige. Muslimvertreter Önder Günes kritisiert die Politisierung des Themas, während Staatsrechtsprofessor Felix Uhlmann verfassungsrechtliche Zweifel an kantonalen Kopftuchverboten äussert. In einigen Kantonen ist das Thema auf der politischen Agenda. (Tages-Anzeiger, 16.10.2025)

Im Kanton Zürich sorgt die Umsetzung der Förderklasseninitiative für Diskussionen. Das Parlament hat das Volksbegehren angenommen, Bildungsdirektorin Silvia Steiner (Mitte) muss nun einen Vorschlag vorlegen. Die Initiative fordert zeitweise Förderklassen für Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten oder Lernschwächen, geführt von Heilpädagoginnen und Heilpädagogen – idealerweise im gleichen Schulhaus. Befürworter sehen darin eine Entlastung der Regelklassen und bessere Förderung; Gegner – darunter der Zürcher Lehrerinnen- und Lehrerverband (ZLV) – warnen vor Stigmatisierung und Rückschritt in der Integrationspolitik. Steiners Entwurf wird im Winter erwartet. Je nachdem könnte das eine Signalwirkung für andere Kantone haben. (NZZ, 15.10.2025)

 

Internationales 

In Australien sollen Kinder unter 16 Jahren ab Dezember keinen Zugang mehr zu Social-Media-Plattformen wie TikTok, Instagram oder Snapchat haben – auch YouTube wird eingeschränkt. Plattformen müssen Alterskontrollen einführen und Konten Minderjähriger sperren. Diese Regelung weckt auch in der Schweiz Interesse: Der Bundesrat prüft derzeit ein ähnliches Verbot für Jugendliche unter 16 Jahren, ausgelöst durch einen Vorstoss der grünen Ständerätin Maya Graf. Schulleiterpräsident Thomas Minder fordert gar ein vollständiges Social-Media-Verbot für Minderjährige. Studien zeigen, dass intensive Nutzung Konzentration, Lernverhalten und psychische Gesundheit beeinträchtigt. Der australische Premier Anthony Albanese betont, Jugendliche sollten «mehr von realen Erfahrungen als von Algorithmen geprägt werden». (NZZ, 8.10.2025) 

Sofia Corradi (1934–2025), bekannt als «Mamma Erasmus», war eine italienische Rechts- und Erziehungswissenschaftlerin, die die Idee für das Erasmus-Programm entwickelte. Ihr Ziel war es, Studierenden europaweit den Austausch zu ermöglichen und so gegenseitiges Verständnis und Mobilität zu fördern. Inspiriert wurde sie durch eigene Auslandserfahrungen, bei denen ihr italienisches Studium nicht anerkannt wurde. Corradi setzte sich jahrzehntelang unermüdlich für die politische Umsetzung ein – 1987 startete Erasmus offiziell. Sie gilt als Symbolfigur für ein vereintes, offenes Europa. Sofia Corradi starb im Oktober 2025 in Rom im Alter von 91 Jahren. (Radio SRF, 21.10.2025)

Karin Andrea Stadelmann ist eine Schweizer Politikerin (Die Mitte), Luzerner Kantonsrätin und Erziehungswissenschaftlerin. Sie ist zudem seit 2024 Präsidentin der Mitte Kanton Luzern.

Diese Kurznachrichtenübersicht wurde abgeschlossen am 3. November 2025. Auszüge der deutschsprachigen Version veröffentlicht in der CIVITAS 1/2025–2026.

Illustration, die zwei Zofinger darstellt. (Bild: zVg)

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