Titelbild zum Artikel Bildungspolitische Kurznachrichten – März/April 2025

Symbolbild. (Photo : © Unsplash+ | Andrew Neel)

28.04.2025

Bildungspolitische Kurznachrichten – März/April 2025

Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektorinnen und -direktoren (EDK)

Sollen die schriftlichen Prüfungen des allgemeinbildenden Unterrichts (ABU) abgeschafft werden? Dieses Thema sorgte für hitzige Debatten. Im Rahmen des Projekts «Berufsbildung 2030» werden aktuell die Grundlagen für den ABU in der beruflichen Grundbildung erneuert. Die Reform hat zum Ziel, den ABU aufzuwerten und die Umsetzung in den Kantonen einheitlicher zu gestalten. Anlass zur Diskussion in Politik und Gesellschaft gibt insbesondere die Ausgestaltung des Qualifikationsverfahrens. Ursprünglich war vorgesehen, die bisherigen schriftlichen Prüfungen durch eine Schlussarbeit mit vertiefendem Gespräch zu ersetzen. Das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) hat sich in der Folge für einen neuen Lösungsvorschlag entschieden. Nicht zuletzt auch deswegen, weil es vonseiten der Kantone und zahlreicher Bildungspolitikerinnen in den Kantonsparlamenten auch entsprechende Vorstösse gab, die Prüfung beizubehalten. Demnach können die Kantone zwischen einer mündlichen und einer schriftlichen Schlussprüfung wählen. (Aktuelles von Seiten der EDK)

 

Eidgenössisch Technische Hochschulen, Universitäten und (Fach-)Hochschulen 

Der Bund will ab 2027 pro Jahr 460 Millionen Franken weniger in die Bildung investieren. Die ETH, die Universitäten aber auch die Fachhochschulen sind besorgt. Rund 200 Millionen der Einsparungen sollen die Studierenden übernehmen, und zwar durch höhere Semestergebühren. Der Bund schlägt vor, die Gebühren für inländische Studierende zu verdoppeln und für ausländische Studierende zu vervierfachen. Hierzu Prof. Dr. Günther Dissertori, ETH Rektor: «Die Massnahme ist ein erster Schritt in Richtung Privatisierung des Bildungssystems.» Ein solch weitgehender Entscheid müsse im Rahmen einer breiten gesellschaftlichen Debatte gefällt und nicht aufgrund einer kurzfristigen Sparübung entschieden werden. Denn die Einführung höherer Gebühren habe weitreichende Folgen. «Unsere Hochschulen würden sich früher oder später an das US-System angleichen», so Dissertori Es gilt hier auch die Chancengerechtigkeit im Blick zu haben. Es darf nicht sein, dass sich nur noch die gutverdienenden Familien das Studium für ihre Kinder leisten können. Diese Haltung vertreten auch die Leitungen der Universität Luzern, der Hochschule Luzern und der PH Luzern, die entsprechend eine öffentliche Stellungnahme abgaben. (NZZ, 16.4.2025 und Tages-Anzeiger, 15.4.2025, Luzerner Zeitung, 15.4.2025)

 

Mittelschulen, Volksschulen 

Integration und Inklusion oder zurück zu Förderklassen? Diese Debatte hat die Bildungspolitik fest im Griff. Wichtig ist, dass die entsprechende Einteilung der Kinder regelmässig überprüft wird. Der eine Weg sind Förderklassen an jeder Schule oder auch regional. Der andere Weg ist, an der «Schule für alle» festzuhalten, allerdings mit spezifischen Programmen zur Entlastung von Lehrpersonen sowie Schülerinnen und Schülern, etwa in Form von sogenannten Lerninseln (alternative Lernorte). Die Sonderschulquoten steigen in fast allen Kantonen an. Auffällig ist dabei vor allem, dass der Bereich «Allgemeine Verhaltensauffälligkeit» zunimmt. Was alles darunter fällt, ist Gegenstand von schulpsychologischen Abklärungen. Die Autorin selbst regt als wirksames Mittel an, auf eine gute Durchlässigkeit zwischen Regelklassen und heilpädagogisch geführten Förderklassen für Kinder mit auffälligem Verhalten zu ermöglichen. (Aargauer Zeitung, 16.4.2025)

Noten an Volksschulen abschaffen? Margrit Stamm, emeritierte Professorin für Erziehungswissenschaft hat sich in einem Meinungsartikel in der Luzerner Zeitung pointiert dazu geäussert. Die Währung unseres Bildungssystems sind die Noten. Trotzdem oder gerade deshalb sind sie umstritten. Die einen wollen sie abschaffen, weil sie nicht mehr zeitgemäss sind. Die anderen plädieren für die Beibehaltung, weil sie Ziffernnoten als objektivste aller Beurteilungsmöglichkeiten erachten. Dritte fordern ein faires Beurteilungssystem, das objektive Selektionsprozesse in die nächsthöhere Schulstufe garantieren soll. So fasst sie die aktuelle Debatte zusammen. Sie schlägt folgenden Weg vor: Noten in der Primarschule abschaffen, sie gegen Ende einführen – zumindest, solange es noch keine selektionsfreie Volksschule gibt –, doch ergänzt mit «weicheren» Instrumenten und der Beurteilungen von überfachlichen Kompetenzen wie «Grit» (Hartnäckigkeit, Durchsetzungsfähigkeit, Frustrationstoleranz) und Sekundärtugenden wie Pünktlichkeit, Ordnung, Anstrengung und Fleiss. Pädagogische Hochschulen könnten entsprechende Instrumente zusammen mit Schulen und Berufsbildung entwickeln. Ob dieser Weg eingeschlagen wird, ist Gegenstand diverser parlamentarischer Debatten in den Kantonen. (Luzerner Zeitung, 14.4.2025).

 

Verschiedenes 

Die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen an Schulen und Heimen in den 1950er- bis 1980er-Jahren sorgt erneut für öffentliche Diskussionen. Die Thematik der administrativen Versorgung in der Schweiz und auch die Missbrauchsfälle von Seiten der Kirche gilt es zu bearbeiten. Seit der Wiedergutmachungs-Initiative auf Bundesebene ist das Thema präsent. Eine Aufarbeitung dieser Übergriffe und der Rolle der Behörden ist wichtig. Unter anderem haben sich die politischen Gremien in den Kantonen Uri, Luzern und Aargau, aber auch diverse Einrichtungen von Seiten der Kirchen wie der Abt des Klosters Marienstein an die Medien gewandt und diese Haltung bekräftigt. An der Universität Zürich läuft eine gross angelegte Studie zu Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche und deren Institutionen. (Bote der Urschweiz, 13.42025, Link zum Projekt)

 

Bildungspolitische Debatten, Entscheide

Handyverbot an Schulen? Auch in dieser Diskussion gehen die Wogen hoch. Braucht es ein Verbot? Ist es nicht vielmehr so, dass der einzige Ort, wo der Konsum des Handys kontrolliert werden kann, die Schule ist? Schulen können schon heute Regeln für Smartphones aufstellen. Dafür ein Gesetz zu erlassen, sei unnötig so die Zuger Regierung. Auch in anderen Kantonen wird diese Haltung unterstützt. Bezüglich Kontrolle und Beschränkung des Gebrauchs des Smartphones gilt es auch, die Zusammenarbeit mit den Erziehungsberechtigten zu stärken. Es müsste, statt die Verantwortung nur den Schulen zu übertragen, eine ganzheitliche Lösung gefunden werden, die auch die Erziehungsberechtigten einbeziehe. Eine Lösung könnten zum Beispiel Elternabende sein, wo das Thema «Soziale Medien und auch Schutz vor Faken News» behandelt wird, so fordert es beispielsweise das Jugendparlament in Luzern (Zuger Zeitung, 25.4.2025)

Der Konsum sozialer Medien sei so gefährlich wie das Trinken von Alkohol, so gewisse Expertinnen und Experten. Soziale Medien würden gezielt programmiert, um süchtig zu machen. Ein Verbot für Jugendliche wäre sinnvoll und nichts Aussergewöhnliches. Auch Alkohol und Tabak würden schliesslich reguliert, dies ein Standpunkt. Auf der anderen Seite steht die Haltung, dass Kinder und Jugendliche befähigt werden müssen, einen gesunden Umgang mit sozialen und digitalen Medien zu entwickeln. In Australien und in Norwegen laufen politische Debatten, wonach die Nutzung sozialer Medien erst ab 16 bzw. 15 Jahre zu erlauben sein sollten. Auch in der Schweiz ist eine Onlinepetition lanciert: Gefordert wird eine Altersgrenze ab 16 Jahren, eine verpflichtende Altersüberprüfung durch die Plattformen sowie eine nationale Präventionsstrategie an Schulen. (Blick am Sonntag, 28.4.2025).

 

Internationales 

Die Schweiz soll bald wieder Zugang zum europäischen Forschungsprogramm haben. Der Bundesrat hat das Programmabkommen mit der EU gutgeheissen. Es bildet den Rahmen für die Beteiligung der Schweiz und umfasst auch laufende EU-Programme wie bei der Forschung. Es ist ein wichtiger Schritt zur Assoziierung ans Forschungsprogramm «Horizon Europe» der EU. Dieses gehöre zu den renommiertesten der Welt, so Bundesrat Guy Parmelin. Die Teilnahme erhöhe die Attraktivität der Schweiz und habe eine lange Tradition. Mit der Assoziierung an «Horizon Europe» kann die Schweiz auch wieder die Leitung von Verbundprojekten übernehmen. Das ist wichtig, haben wir doch zahlreiche Vorzeigeprojekte gerade auch mit Bezug auf Themen wie Gesundheit und KI. Zudem ist sie nicht mehr vom Einzelprojektwettbewerb des European Research Council ausgeschlossen, den sogenannten ERC-Grants. Diese gelten in der Wissenschaft als einer Art Goldstandard und sind für die Reputation wichtig. (NZZ, 10.4.2025).

Die Berufslehre steckt in der Krise, zumindest wenn man die Entwicklungen in den USA und auch in europäischen Ländern betrachtet. Was die USA anbelangt, fehlen Tausende Lehrstellen. Das Arbeitsmarktproblem ist akut: Trump würde für seine neue Industriepolitik ausgebildete Fachkräfte in grosser Menge benötigen, doch  der Bedarf könnte bei weitem nicht gedeckt werden. Andreas Bischof, Ausbildungschef beim Konzern Bühler, schlägt vor, US-Ausbildner in die Schweiz zu holen und zu schulen. Sie sollen dann fähig sein, zurück in der Heimat selbst Lehrbetriebe aufzubauen. Sein Vorschlag fand in den vergangenen Wochen den Weg über den Industrieverband Swissmem ins Departement von Wirtschaftsminister Guy Parmelin. Der SVP-Bundesrat soll das Konzept nun Trump als Deal anbieten. Kurzformel: Berufslehre gegen Zölle (Sonntagszeitung, 27.4.2025). 

Karin Andrea Stadelmann ist eine Schweizer Politikerin (Die Mitte), Luzerner Kantonsrätin und Erziehungswissenschaftlerin. Sie ist zudem seit 2024 Präsidentin der Mitte Kanton Luzern.

Diese Kurznachrichtenübersicht wurde abgeschlossen am 28. April 2025. Auszüge der deutschsprachigen Version veröffentlicht in der CIVITAS 3/2024–2025.

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