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Bundesrat Albert Rösti v/o Calypso mit Patrick Widrig v/o Schwätz, Vizepräsident der Politischen Kommission und alt-CP, und Marina Glaninger v/o Ambivalla, die amtierende Zentralpräsidentin des Schw. StV (v.l.n.r.). (Foto: Sascha Staub v/o Kultur)

08.05.2025

Mehr StV in Bundesbern

Am 12. März 2025 war Bundesbern besonders farbig. Am Parlamentarierstamm mit viel Politprominenz fanden sich Dutzende StVerinnen und StVer ein und Martin Pfister v/o Janus wurde in den Bundesrat gewählt. Couleur politique?

Text: Basil Böhni v/o Medial
Redetext (unten): Marina Glaninger v/o Ambivalla
Fotos: Sascha Staub v/o Kultur

 

Erfreulicher hätte es sich kaum ausgestalten lassen: Die Politische Kommission des Schweizerischen Studentenvereins lud am 12. März 2025 zum Parlamentarierstamm – just am Tag der Bundesratswahlen mit dem StV-Kandidaten Martin Pfister v/o Janus (AV Fryburgia), der zur grossen Freude vieler von der Vereinigten Bundesversammlung in den Bundesrat gewählt wurde. Festliche Stimmung war also gegeben. Dazu kam ein illustres Line-up des Parlamentarierstamms. Zu den diesjährigen Schirmherren, Bundesrat Albert Rösti v/o Calypso und Ständerat Benedikt Würth v/o Föderal, gesellten sich auch noch die Ständeräte Daniel Jositsch v/o Malz und Daniel Fässler v/o Flopp sowie Nationalrat Mike Egger – und natürlich viele StVerinnen und StVer jeden Alters, angeführt von der Zentralpräsidentin Marina Glaninger v/o Ambivalla. Die verfügbaren Plätze waren innert weniger Stunden ausgebucht; das «Au Premier» im 1. Stock des Restaurants Della Casa – ein Steinwurf vom Bundeshaus entfernt – war fast voll besetzt. Ein Wermutstropfen waren sicherlich die erkältungsbedingten kurzfristigen Absagen, insbesondere jene vom PK-Präsidenten Philipp Mazenauer v/o Avis. An seiner Stelle führte der PK-Vize und alt-CP Patrick Widrig v/o Schwätz durch den Abend. 

Ausbau des Stromnetzes beschleunigen 

Neben angeregten Tischgesprächen standen mit den beiden Schirmherren Rösti v/o Calypso und Würth v/o Föderal natürlich auch die Themen Energie, Versorgung, Mobilität und Infrastruktur auf dem Programm. Insbesondere hinsichtlich des Winterstroms bestehe Handlungsbedarf. Rösti v/o Calypso: «Mittelfristig, also in den nächsten 5 bis 15 Jahren, wollen wir mehr Wasserkraftwerke, mehr Windenergieanlagen und mehr Solaranlagen bauen.» Doch einerseits sei nicht bekannt, ob diese erneuerbaren Energiequellen den Strombedarf langfristig decken können und andererseits, ob die Schweizer Bevölkerung und Umweltorganisationen den Zubau alternativer Energiemassnahmen im vorgesehenen Umfang akzeptieren. «Umweltorganisationen blockieren immer pendente Bauvorhaben von Wasserkraftwerken − trotz klarer Abstimmung [9.6.2024: Vorlage für eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien mit 68,7 Prozent Ja-Stimmen angenommen]», so Rösti v/o Calypso. Deshalb und mit Blick auf die am 19. März 2024 zustande gekommene «Blackout»-Initiative brach er eine Lanze für «klimaschonenden Technologien» und damit einhergehend für Kernkraftwerke und «Small Modular Reactors», umgangssprachlich auch «Minikernkraftwerke». Wenn die AKWs Gösgen und Leibstadt nach 60, 70 oder 80 Jahren ersetzt werden müssten, dann sollte hierfür weiterhin auch Kernkraft eine Option sein, so Rösti v/o Calypso. «Denn ich bin überzeugt: Die Kerntechnologie wird sich massiv weiterentwickeln. Darüber müssen wir reden, weil wir sonst den nötigen Anteil an Bandenergie, den das Gesamtsystem braucht, nicht erreichen. Mehr Biodiversität und ausschliesslich erneuerbare Energiequellen dürfte gemeinsam nicht zu haben sein.» 

Trotz «Solarexpress» im Herbst 2022 und «Beschleunigungserlass erneuerbare Energien» (November 2023) sind wegen Einsprachen, Umweltbedingungen und Fristen Projekte «on hold» beziehungsweise blockiert. Würth v/o Föderal: «Von Beschleunigung kann im Moment nicht die Rede sein.» Er hält zudem fest, dass das Potenzial für ökologische Ausgleichsmassnahmen, die der Erhaltung und Förderung von Lebensräumen und ihrer Vernetzung in intensiv genutzten oder dicht besiedelten Landschaften dienen, nicht überall genau gleich ausfalle. Es sei zum Teil schwierig, diese Massnahmen wirklich im Umfeld der jeweiligen Kraftwerke umzusetzen. «Darum haben wir gesagt, dass wir das öffnen wollen: Im jeweiligen Kanton, wo ein Kraftwerk gebaut wird, kann eine ökologische Ausgleichsmassnahme auch an einem anderen Ort realisiert werden.» Die Umweltverbände stünden dieser Öffnung der ökologischen Ausgleichsmassnahmen indes ablehnend gegenüber.

Stau – politisch und finanziell 

Ein zweiter Themenschwerpunkt im Rahmen der Impulsreferate der Schirmherren Rösti v/o Calypso und Würth v/o Föderal bildeten die Themen Infrastruktur und Mobilität. Am 24. November 2024 wurde der «Ausbauschritt 2023 für die Nationalstrassen» vom Stimmvolk mit 52.7 % abgelehnt. Würth v/o Föderal: «Das ist nun eine relativ schwierige Ausgangslage. Beim Strassenbau haben wir einen politischen Stau. Welche Projekte können wir noch realisieren? Wie finden wir Mehrheiten? Beim öffentlichen Verkehr haben wir einen finanziellen Stau.» Im Parlament geniesse der ÖV eine breite Akzeptanz, aber es würden die Mittel für deren Realisierung fehlen. Zudem: Infrastrukturausbau generiere steigende Unterhaltskosten. In Zahlen: «Heute investieren wir für den Substanzerhalt drei Milliarden Franken pro Jahr gegenüber lediglich einer Milliarde Franken für Ausbauprojekt.» Dieser Dreiklang aus Bedarf, Planung und Finanzierbarkeit funktioniert gemäss Würth v/o Föderal heute nicht mehr: «Wir beginnen heute oft mit der Infrastruktur und der Planung des Angebots und fragen erst nachher: Können wir das überhaupt produzieren und finanzieren? So kann das nicht funktionieren.» 

Rösti v/o Calypso: «Nationalstrassen können nicht isoliert betrachtet werden. Es braucht eine Gesamtsicht: Schiene, Strasse, Langsamverkehr, Agglomerationsverkehr etc. Wir können der Bevölkerung nicht isoliert den Bau eines Autobahnprojekt vorlegen. Das hat die letzte Abstimmung gezeigt. Nationalstrassenprojekte müssen auf den öffentlichen Verkehr abgestimmt sein. Es braucht ein funktionierendes Zusammenspiel aller Verkehrsträger.» Gemäss Würth v/o Föderal muss innerhalb einer Gesamtverkehrsoptik das Interesse bestehen, mehr Leute zum Nutzen der ÖV-Angebote bewegen zu können. «Das hat nichts mit Ideologie zu tun. Das ist schlicht und einfach vernünftig. Aber wenn wir einmal mit der Qualität nicht mehr überzeugen können, dann werden wir das nicht erreichen.» Deshalb sei die momentane Stausituation hinsichtlich der ÖV-Projekte «ausserordentlich fragil». Mit dem Bahninfrastrukturfonds BIF des Bundes soll der Betrieb und der Unterhalt der Eisenbahninfrastruktur, die Erneuerung der Anlagen und der Ausbau der Bahninfrastruktur finanziert werden. Das führe gemäss Würth v/o Föderal zu einer Anspruchsinflation; dann gehe das Rennen los, alle hätten Ideen. Es komme zum Teil zur Planung von Projekten, die eigentlich nicht unbedingt sinnvoll seien oder bei denen man auch andere Verkehrsträger wie Tram oder Bus zielführender einsetzen könnte, die aber nicht aus diesem Fonds des Bundes heraus finanziert werden. Hier bestehen heute finanzielle Fehlanreize. 

Hinsichtlich Energie und Verkehr werden also noch zahlreiche komplizierte Diskussionen anstehen, die sodann auch im Rahmen der Fragerunde und während den anschliessenden Tischgesprächen am Parlamentarierstamm stattfanden, beziehungsweise gestartet wurden. 

Der StV als praktisches Labor 

Vor dem gemeinsamen Nachtessen ergriff auch die Zentralpräsidentin Marina Glaninger v/o Ambivalla das Wort (die ganze Rede finden Sie nachfolgend). Der Parlamentarierstamm unterstreiche und würdige die enge Verbindung zwischen politischer Verantwortung und dem Schw. StV. Der generationsübergreifende Austausch sei von unschätzbarem Wert und ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie junge Menschen motiviert und inspiriert werden können, verantwortungsvolle Positionen zu übernehmen. Glaninger v/o Ambivalla: «Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern sieht das politische System der Schweiz nicht vor, dass nur Personen, die eine Verwaltungsschule absolviert haben, die Führungsschicht bilden. Es ist daher eine wichtige Verantwortung von uns allen, sich politisch zu engagieren. Nur so kann eine vielfältige und ausgewogene Politik entstehen, die auf den Erfahrungen und Perspektiven der gesamten Bevölkerung aufbaut.» Mit seinem generationen- und fakultätenübergreifenden Austausch bilde der StV für junge Menschen ein Ideen- und ein Praxislabor, «das es jedem von uns ermöglicht, in das demokratische Spiel einzusteigen, um seine Vision vorzuschlagen, sie zu fördern oder zu verteidigen». 

Und so gab Glaninger v/o Ambivalla abschliessend allen noch Hausaufgaben mit auf den Weg: «Sprechen Sie in gutem Einvernehmen über Philosophie, Politik und Kompromisse. Es ist diese konkrete Mischung aus grossen Visionen und dem Realismus des Kompromisses, die der Schw. StV weiterhin fördern muss, um auch weiterhin seine Mitglieder aller Schichten in die politischen Ämter der Schweiz zu entsenden.» 

--- Die Rede von Zentralpräsidentin Marina Glaninger v/o Ambivalla im Wortlaut --- 

Sehr geehrter Bundesrat Albert Rösti v/o Calypso,
Sehr geehrter Ständerat Benedikt Würth v/o Föderal
Sehr geehrter Ständerat Daniel Jositch v/o Malz
Sehr geehrter Ständerat Daniel Fässler v/o Flop
Sehr geehrter Nationalrat Mike Egger
Werte Farbenbrüder und -schwestern

 

Mit grosser Freude und mit Stolz sehe ich, wie wir den Dialog zwischen der Politik und dem Schweizerischen Studentenschaft pflegen können. Besonders hervorheben möchte ich die aussergewöhnliche Rolle, die unser Bundesrat Calypso und unser Ständerat Föderal in diesem Zusammenhang spielen. Es ist keineswegs selbstverständlich, dass sie uns durch ihre Anwesenheit als Schirmherren dieses Parlamentarierstamms mit ihren wertvollen Erfahrungen bereichern.

Dies unterstreicht und würdigt die enge Verbindung zwischen politischer Verantwortung und dem Schweizerischen Studentenverein. Der dadurch geförderte generationenübergreifende Austausch ist von unschätzbarem Wert – und ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie junge Menschen motiviert und inspiriert werden können, verantwortungsvolle Positionen zu übernehmen. Ich möchte aber auch  jedem Einzelnen von Euch danken, der heute Abend anwesend ist und sich auf seiner Ebene im politischen Leben der Schweiz engagiert.
Das politische Engagement ist grundlegend für die Geschichte des Schweizerischen Studentenvereins und muss wieder auf die Agenda der Prioritäten unseres Vereins gesetzt werden. Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern sieht das politische System der Schweiz nicht vor, dass Personen, die eine Verwaltungschule absolviert haben, die Führungsschicht bilden. Die Schweizer Politik sollte zudem nicht ausschliesslich von einer bestimmten Gruppe geprägt werden, sondern von Menschen aus allen Berufs- und Gesellschaftsschichten – sei es aus der Landwirtschaft, dem Handwerk, den Dienstleistungsberufen oder der Wissenschaft. Es ist daher eine wichtige Verantwortung für uns alle, sich politisch zu engagieren. Nur so kann eine vielfältige und ausgewogene Politik entstehen, die auf den Erfahrungen und Perspektiven der gesamten Bevölkerung aufbaut.

Noch konkreter: Unsere zahlreichen Geschäftsanlässe, Funktionen oder Chargen sind nicht nur ein Ideenlabor, sondern vor allem das praktische Labor, das es jedem von uns ermöglicht, in das demokratische Spiel einzusteigen, um seine Vision vorzuschlagen, sie zu fördern oder zu verteidigen. Es ist diese konkrete Mischung aus grossen Visionen und dem Realismus des Kompromisses, die der Schw. StV weiterhin fördern muss, um auch weiterhin seine Mitglieder aller Schichten in die politischen Ämter der Schweiz zu entsenden. Diese Rolle hat er in den letzten 175 Jahren gespielt, und diese Rolle muss er auch weiterhin wahrnehmen.

Abschliessend möchte ich betonen, dass der Austausch, so wie wir ihn heute leben, nicht nur eine wertvolle Gelegenheit, sondern auch eine Verpflichtung ist. Und ich bitte Sie, dies auch in Ihren Sektionen zu leben: Sprechen Sie in gutem Einvernehmen über Philosophie, Politik und Kompromisse.

In diesem Sinne möchte ich auch nochmals auf den heutigen Erfolg von Martin Pfister v/o Janus der AV Fryburgia hinweisen, der mit dem heutigen Tag als Bundesrat gewählt wurde! Ich wünsche ihm viel Erfolg und freue mich wieder einen Stver im Bundesrat zu wissen.

Ich danke aber auch Ihnen, lieber Bundesrat Calypso und lieber Ständerat Föderal, für Ihre Bereitschaft, uns mit Ihrem Wissen und Ihrer Erfahrung zu bereichern.

 

Vivat Crescat Floreat Schw. StV ad multos annos!
Marina Glaninger v/o Ambivalla, Zentralpräsidentin 2024/25

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Nationalrat Mike Egger, alt-CP Patrick Widrig v/o Schwätz, Ständerat Benedikt Würth v/o Föderal, CC Jonas Burr v/o Präzis, CP Marina Glaninger v/o Ambivalla, CC Sophie Karrer v/o Luxemburg, Bundesrat Albert Rösti v/o Calypso, CC Theresa Ruppel v/o Niranié und Ständerat Daniel Fässler v/o Flop (v.l.n.r.). (Foto: Sascha Staub v/o Kultur)

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