Titelbild zum Artikel Bildungspolitische Kurznachrichten – August 2024

Haupthalle der Universität St. Gallen. (Foto: Universität St.Gallen (HSG))

29.08.2024

Bildungspolitische Kurznachrichten – August 2024

EDK 

Die EDK hat den gesamtschweizerischen Rahmenlehrplan für die gymnasialen Maturitätsschulen verabschiedet. Er ersetzt den bisherigen Rahmenlehrplan aus dem Jahr 1994 und tritt am 1. August 2024 in Kraft. Der neue Rahmenlehrplan konkretisiert die Bildungsziele der gymnasialen Maturität und beschreibt die Mindestanforderungen an die fachlichen und überfachlichen Lerninhalte und die zu erwerbenden Kompetenzen. Im Vergleich zum Rahmenlehrplan von 1994 basiert der neue Rahmenlehrplan auf einem einheitlichen Verständnis der gymnasialen Bildungsziele und der geforderten Kompetenzen. Neu werden die transversalen Unterrichtsbereiche wie Interdisziplinarität, Bildung für nachhaltige Entwicklung, Politische Bildung und Digitalität durch ein eigenes Kapitel gestärkt. Die Mindestanforderungen in den Fach-Rahmenlehrplänen der Grundlagenfächer wurden zudem verbindlicher als bis anhin formuliert (vgl. Medienmitteilung der EDK vom 20.6.2024).

 

Statistik

Im jährlichen internationalen Hochschulranking verzeichneten Schweizer Universitäten etwas mehr Verluste als Gewinne. Die ETH Zürich kommt neu auf Platz 7 weltweit zu liegen, bewahrt indes die Position als beste Hochschule Kontinentaleuropas. Von den weiteren neun Schweizer Hochschulen, die im Ranking berücksichtigt wurden, sind drei in der Tabelle aufgestiegen und sechs abgestiegen. Die Eidgenössische Technische Hochschule Lausanne liegt auf Rang 26 und damit zehn Plätze weiter vorne als in der Vorjahresrangliste. Die Universität Zürich gehört jedoch nicht mehr zu den besten 100 Hochschulen (Basler Zeitung, 5.6.2024).

 

Universitäten und (Fach-)Hochschulen 

Die Universität Zürich und die Hochschule St Gallen (HSG) haben seit dem Jahr 2020 eine Kooperation für den Master in Medizin. Doch nun ist der gemeinsame Studiengang «Medical Master» von der Universität Zürich offenbar ohne Absprache mit der Partnerin HSG beendet worden. Bis anhin war es so, dass das Bachelor-Studium in Zürich absolviert wird, danach wechseln die Studierenden für den Master nach St. Gallen. Dieser Umstand kam im Kantonsrat von St. Gallen nicht gut an. Auf dringliche Vorstösse erklärte der Regierungsrat, es sei das klare Ziel, die Ausbildung weiterhin in St. Gallen anzubieten. Die HSG braucht dazu aber einen neuen Partner, weil die Ausbildung laut Universitätsgesetz nur in Kooperation angeboten werden kann. Für die St. Galler Regierung kommt dafür etwa die ETH Zürich infrage (Tages-Anzeiger, 7.6.2024).

 

Die Regierungen der Kantone Aargau, Basel-Landschaft, Basel-Stadt und Solothurn haben den Leistungsauftrag an die Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) für die Jahre 2025 bis 2028 zuhanden der Parlamente verabschiedet. Die vier Kantone bezahlen insgesamt 995 Millionen Franken, das sind 57,5 Millionen Franken mehr als in den letzten vier Jahren. Der Aargauer Anteil beläuft sich auf 336 Millionen Franken, die Fachhochschule muss weitere 7,2 Millionen Franken aus dem Eigenkapital selber finanzieren. Solche Kooperationen über die Kantonsgrenzen sind wichtig und sollen auch weiterhin gestärkt werden (Aargauer Zeitung, 22.6.2024).

 

Grünes Licht für die internationale Forschung. Die EU-Kommission würdigte nach einem Gespräch zwischen der EU und der Schweiz die Fortschritte im Bereich der institutionellen Streitfragen sowie den Staatsbeihilfen. Im Gegenzug erhalten Schweizer Forschende nun das Recht, sich auf gewisse Ausschreibungen für im Jahr 2025 stattfindende «Horizon»-Projekte zu bewerben. Die ersten beiden dieser «Calls» für die prestigeträchtigen ECR-Einzelförderungen von bis 1,5 Millionen Euro starten schon Anfang September. Für die Schweizer Hochschulen ist dies ein wichtiger Entscheid, denn sie stehen immer wieder vor der Herausforderung, auch international konkurrenzfähig zu bleiben (Luzerner Zeitung, 5.7.2024).

 

Mittelschulen / Volksschulen

Handyverbot an Schulen – das wird in einzelnen Kantonen mittels verschiedener Vorstösse gefordert. Zurzeit liegen zwar noch nicht viele Studien vor, die die Auswirkungen des Handykonsums auf die Schulleistung und das Sozialleben von Schülerinnen und Schülern belegen, doch die Geräte lenken im Schulalltag auch von wichtigen Inhalten ab. Die Kantone suchen aktuell nach individuellen Lösungen. Die amerikanische Stadt Los Angeles hat ein Verbot an allen Schulen eingeführt. Die Schülerinnen und Schüler seien ohne Handy glücklicher, es werde mehr miteinander kommuniziert und bessere Noten würden erzielt (Luzerner Zeitung, 18.8.2024; Blick.ch, 15.8.2024).

 

In gewissen Kantonen hat sich der Lehrpersonenmangel – zumindest auf das kommende Schuljahr – etwas entspannt. So hat Zürich weniger offene Stellen als letztes Jahr. Besonders die Zahl der offenen Stellen für Lehrpersonen mit Klassenverantwortung ist im Vergleich zum Vorjahr kleiner geworden. Anders sieht es bei den offenen Stellen für Heilpädagoginnen und Heilpädagogen aus. Auf allen Schulstufen und in zahlreichen Kantonen sind noch viele Stellen frei. Hier gilt es weiterhin, auch ein bildungspolitisches Augenmerk darauf zu setzen. An vielen Orten wird mit sogenannten Poldis (Personen ohne Lehrdiplom) gearbeitet. Der Einsatz dieser Personen wird teilweise nun um ein Jahr verlängert. Der Kanton Luzern setzt auf neue Massnahmen zur Verbesserung des Lehrerberufs, u.a. sollen die Löhne angepasst sowie auch spezifische Weiterbildungen möglich werden, um den Beruf attraktiv zu halten (Tages-Anzeiger, 22.6.2024; Luzerner Zeitung, 10.7.2024).

 

Schulabsentismus ist weiter verbreitet, als bisher angenommen. Immer mehr Kinder und Jugendliche bleiben dem Unterricht fern – teils tage- und wochenlang. Wie gelingt es, sie zurückzuholen? Kürzlich fragte die «NZZ am Sonntag » bei den kantonalen Bildungsdirektionen nach. Von den 17 Kantonen, die antworteten, gaben 14 einen gefühlten Anstieg der Fälle an. Die Schulen nehmen das Problem sehr ernst. In der Regel ruft dies Akteure wie die Schulaufsicht, die Schulsozialarbeit, die schulpsychologische Beratung oder den kinder- und jugendpsychiatrischen Dienst auf den Plan. Geht gar nichts mehr, kommt immer häufiger auch die psychiatrische Kinderspitex zum Zuge. Die Schulen sind gefordert. Aktuell wird ein Plan erarbeitet, der in verschiedenen Kantonen angewendet werden soll. Konkret bedeute das: Gute Beziehungen zwischen den Lehrpersonen und den Schülern stärken; ein klares Absenzensystem, das verbindliche Reaktionen beim Schwänzen definiert; und ein Hochhalten der Unterrichtspräsenz (Schweiz am Wochenende, 29.6.2024).

 

Arbeitsmarkt / Lehrbetriebe 

Was möchtest Du später einmal werden? Prestigedenken spielt bei der Berufswahl der Generation Z eine zentrale Rolle. Einen starken Einfluss haben auch die Vorstellungen und Erwartungen der Eltern. Immer wichtiger wird jedoch die Meinung von Gleichaltrigen – und zwar in Form von Likes in Sozialen Medien. Bezogen auf die Berufswahl bedeutet dies, dass Ausbildungen im Netzwerk auf soziale Anerkennung gecheckt werden. Für Berufsschulen und Lehrbetriebe ist das keine einfache Ausgangslage. Um so wichtiger ist es, dass sie ihre Berufe auch auf den Sozialen Medien vorstellen. Aber das alleine reicht nicht aus. Ein Berufsbildungsparcours, wie es verschiedene Verbände bereits umsetzen, hilft ebenfalls, die Berufe attraktiver und sichtbarer zu machen (Der Bund, 6.7.2024).

 

Anstieg der Lehrverträge: Die beruflich Grundbildung ist sehr beliebt. Es zeigt sich, dass das Modell der Schweiz mit ihrer Berufsbildung weiterhin an Attraktivität gewinnt. Besonders die Berufe im Gesundheitswesen und Pflegebereich, in der Gastronomie aber auch in der IT- und Elektrobranche erfreuen sich steigender Nachfrage und die Ausbildungsstellen sind sehr gut besetzt. Die Erfolgsquote beim Abschluss in vielen Kantonen lag 2024 bei rund 92% und einer Durchschnittsnote von 4,8 (Zuger Zeitung, 24.8.2024; NZZ am Sonntag, 25.8.2024).

 

Verbände, Organisationen, Institutionen 

Die Regierungen der Kantone Thurgau, St. Gallen, Appenzell Innerrhoden und Ausserrhoden haben sich zu einer systematischen Zusammenarbeit entschlossen. Ab jetzt sollen jährlich die Möglichkeiten für überkantonale Kooperationen ausgelotet werden und das in einem klar definierten Prozess. Themen für eine stärkere Zusammenarbeit gebe es zur Genüge so v.a. im Bereich Bildung und Kultur. Die vier Ostschweizer Kantone wollen mit der neuen Kooperation auch ihre Position auf nationaler Ebene verbessern und frühzeitig Entwicklungen und Strategien anregen (Tagblatt, 5.7.2024).

 

Verschiedenes (schweizweit)

Es sind besorgniserregende Zahlen aus dem Baselbiet. Die Zahl der Delikte, die von Kindern und Jugendlichen begangen werden, ist stark angestiegen. 2023 hat die Jugendanwaltschaft im Vergleich zum Vorjahr eine Zunahme von 57 % registriert, das ist eine Steigerung um 1289 Delikte. Auch schweizweit gab es im vergangenen Jahr einen deutlichen Anstieg bei Verurteilungen von Jugendlichen, sowohl bei Schweizern (+23,7 %) als auch bei Ausländern (+43,9 %). Nur dank des grossen Engagements interprofessioneller Teams, wozu auch die Schulen und ihre Schulsozialarbeit gehören, sei es möglich gewesen, die ausserordentliche Fallzunahme überhaupt zu bewältigen. Es gilt einerseits bildungspolitisch, aber auch sozialpolitisch ein Augenmerk auf diese Entwicklung zu richten (Basler Zeitung, 10.6.2024).

 

Lancierte bildungspolitische Debatten / Entscheide 

Die integrative Schule braucht womöglich Korrekturen – das sagt Christoph Eymann, der ehemalige Präsident der EDK, welcher damals als «Mister Harmos» bekannt wurde. In einigen Klassen seien es schlicht zu viele Verhaltensauffällige, die in Regelklassen für Probleme sorgten. Der Punkt sei erreicht, an dem manche Schulen die Integration nicht mehr leisten könnten. Wichtig ist es, dann aber auch nach Lösungen zu suchen, die punktuell eine Entlastung geben können und erst später darüber zu befinden, ob zum Beispiel eine Kleinklasse auf Dauer eine Lösung sei. Man müsse dem Kind auch Chancen geben und das bedeute nicht, dass man die integrative Schule generell hinterfragen müsse (Sonntagszeitung, 23. Juni 2024).

 

Keine Fremdsprachen mehr in der Volksschule! Ein bildungspolitisches Papier der FDP Schweiz sorgt für nationale Diskussionen. Das Papier fordert, die Fremdsprachen Englisch und Französisch in der Primarstufe abzuschaffen – mit der Begründung, Schülerinnen und Schüler könnten so wieder besser und stärker Deutsch lernen und wären weniger überfordert. Dieser Vorschlag kommt nicht überall gut an. Die Volksschule hat auch den Auftrag, Chancengerechtigkeit zu leisten. Zudem sei das Problem nicht zwingend eine Überforderung, sondern durch den Fachkräfte- und Ressourcenmangel können die Schulen ihren Bildungsauftrag teils nicht mehr gerecht werden. Ferner gebe es Kinder, die Sprachbegabt seien, andere seien es in der Mathematik. Beides gelte es zu würdigen (Aargauer Zeitung, 22.6.2024; NZZ am Sonntag, 23.6.2024).

 

Internationales 

In Sachen Mobilität an Hochschulen gehen die Niederlande aktuell einen speziellen Weg. Das neue Regierungsbündnis erachtet die studentische Migration als zu hoch. Die ausländischen Studentinnen und Studenten machen an den Universitäten einen Anteil von einem Drittel aus. Vier Parteien – die rechtsextreme Partei für die Freiheit (PVV) von Geert Wilders, die liberalkonservative VVD, die neue christlichdemokratische NSC und die rechtspopulistische Bauernpartei BBB – haben deshalb im Koalitionsvertrag vereinbart, die studentische Migration zu beschränken. Rechtlich ist das allerdings schwierig, denn EU-Bürgerinnen und Bürger dürfen ein Studium in den Niederlanden aufnehmen, wenn sie die Anforderungen einer Universität erfüllen – das gehört zum Binnenmarkt. Die Regierung muss daher andere Wege finden, um die Zahl der Studenten zu reduzieren. Die Universitäten werden sich zudem klar gegen diese Idee wehren. Aus ihrer Sicht steht (zurecht) viel auf dem Spiel – für die Hochschulen und die Wirtschaft des Landes (NZZ, 1.7.2024).

Karin Andrea Stadelmann ist eine Schweizer Politikerin (Die Mitte), Luzerner Kantonsrätin und Erziehungswissenschaftlerin. Sie ist zudem seit 2024 Präsidentin der Mitte Kanton Luzern.

Diese Kurznachrichtenübersicht wurde abgeschlossen am 29. August 2024. Französischsprachige Version veröffentlicht in der CIVITAS 5/2023–2024.

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